{"@context":"http://www.w3.org/ns/anno.jsonld","id":"https://anno.ub.uni-heidelberg.de/anno/anno/XrK9PNSHQkK3Q0-gKwkJ6g","type":"Annotation","title":"Finanzamt Moabit-West, Berlin (Einlieferung „F. M-W., Berlin“), Auktion Hans W. Lange 16.12.1941","collection":"diglit","body":[{"type":"TextualBody","format":"text/html","value":"
Am 15. Juli 1941 ordnete die Geheime Staatspolizei anlässlich der beabsichtigten Ausbürgerung der Emigrantin Olga Heilbronner an, ihr Umzugsgut, das bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin eingelagert war, zugunsten eines Gestapo-Kontos bei der Deutschen Bank zu versteigern.[1] Um die Auktion bewarb sich Hans W. Lange im August 1941 beim Finanzamt Moabit-West: „Es handelt sich um die Ehefrau eines früheren Kunsthändlers, die eine Sammlung von hochrangigem Kunstgut besessen hat, das, wie wir annehmen, auch jetzt noch in Deutschland vorhanden sein muss und zu dem von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Kunstgut gehören muss.“[2] Am 25. August 1941 wurde Hans W. Lange mit der Versteigerung beauftragt.[3] Wenige Tage später erstellte die Spedition Haberling ein „Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner“, das neben Möbeln und Hausrat „2 alte Bilder“ und „ 1 Bilderkiste“ sowie diverse weitere Kisten ohne genaue Inhaltsangabe listete.[4] Die erste Auktion richtete Hans W. Lange am 20. Dezember 1941 aus.[5] Da die Auktion kurzfristig um vier Tage verschoben wurde, trägt der bereits fertiggestellte Auktionskatalog mit dem 16. Dezember 1941 ein falsches Datum. Der Erlös betrug für den Beitrag Heilbronner, im Katalog unter der Chiffre „F. M-W., Berlin“ (Finanzamt Moabit-West) verzeichnet, 8.720 RM.[6] Eine zweite Auktion, die 25.290 RM einbrachte, richtete das Auktionshaus am 12. und 13. Mai 1942 aus.[7] Die Einlieferer-Chiffre lautete hier „F. A. M.-W., Berlin“.[8]
Olga Jeanette Heilbronner, geb. Fränkel (geb. 25.11.1862 in München), war die Witwe des am 10. März 1926 verstorbenen Kunsthändlers Max Heilbronner. Jener hatte 1903 in der Viktoriastr. 33 in Berlin-Schöneberg die Firma „Max Heilbronner Antiquitäten“ gegründet, die am 26. Februar des Jahres im Handelsregister angemeldet wurde.[9] Sein Sohn Alfons Heilbronner (geb. 30. Mai 1889 in München, gest. 3. Dezember 1973 in Zürich) trat am 1. Januar 1922 als persönlich haftender Gesellschafter in den väterlichen Betrieb ein.[10] Nach dem Tod von Max Heilbronner trat Olga seine Alleinerbschaft an.[11] Seinen durch Tod bedingten Firmenaustritt meldete die Familie aber erst im Mai 1929 dem zuständigen Amtsgericht Berlin-Mitte.[12] Am 29. Juni 1929 wurde Olga Heilbronners Eintritt in die Gesellschaft offiziell im Handelsregister verzeichnet. Diese Gesellschaft wurde am 3. Juli 1931 wieder aufgelöst und Alfons Heilbronner zum Alleininhaber der Kunsthandlung erklärt.[13]
In den Jahren vor 1933 gehörte die Firma Max Heilbronner zu den renommierten Kunsthandlungen Berlins. „Ich schätze, daß die Einnahme der Firma bis 1931 einschließlich mit etwa 100.000,-- RM jährlich zu bewerten ist“, rekonstruierte Alfons Heilbronner 1956: „Nach 1931 […] ist das Einkommen allmählich abgesunken. Die Gründe, die auf meiner Abstammung beruhen, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Jedenfalls machte sich bereits ab 1931 ein schädigender Einfluß auf jüdische Unternehmen geltend.“[14] Hertha Schöne, ehemalige Mitarbeiterin der unter dem gleichen Dach ansässigen Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt & Co., deren Berliner Zweigstelle Arthur Goldschmidt (geb. 3.10.1891 in Frankfurt am Main) leitete,[15] bescheinigte Heilbronner nach dem Krieg: „Diese Firma, die im besten Antiquitätenhandel zu den international bekanntesten Firmen gehörte, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Zu ihren ständigen Kunden gehörten die namhaften Kunstsammler aus den Kreisen der Regierung, der Hochfinanz und der Kunstwelt des In- und Auslandes.“[16] Auch der Kunsthändler Eduard Plietzsch schloss sich dieser Einschätzung an und bezeugte: „Herr Heilbronner war einer der angesehensten, vertrauenswürdigsten und auch aktivsten Vertreter des deutschen Kunsthandels vor 1933. So weit ich beurteilen kann, war seine Firma in der Lage, im In- und Auslande große und erfolgreiche Geschäfte durchführen zu können.“[17]
Seit dem Frühjahr 1935 befand sich die Kunsthandlung infolge des durch die Reichskammer der bildenden Künste ausgesprochenen Berufsverbots für jüdische Kunsthändler in „stiller Liquidation“.[18] Als Treuhänder bei der Auflösung der Firma Max Heilbronner agierte der einstige Abteilungsdirektor Theodor Stern (geb. 14.5.1877), der am 1. Januar 1935 als jüdischer Mitarbeiter der Dresdner Bank in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war.[19] Die Liquidierung der Kunsthandlung zog sich über fast drei Jahre.[20] Am 5. Januar 1938 schrieb Alfons Heilbronner an das Amtsgericht Berlin, dass seine Firma zum 31. Dezember 1937 erloschen sei, da er das Handelsgewerbe aufgegeben habe.[21] Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 12. Februar 1938.[22]
Am 30. Mai 1937 emigrierte Alfons Heilbronner nach Amsterdam und etwas später nach Paris, wo sich bereits seine Mutter aufhielt. Olga Heilbronner war 1936 über Nizza und Monte Carlo in die französische Hauptstadt ausgewandert. 1941 zogen Mutter und Sohn weiter nach Buenos Aires.[23] Ihr Umzugsgut – einschließlich einer größeren Menge Bilder, Teppiche und Brücken – lagerten beide bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin ein,[24] weil die Freigabe durch die Devisenstelle zum Zeitpunkt der Auswanderung noch nicht erteilt war. Das Umzugsgut war für eine Bahn-Verladung nach Paris verpackt und sollte mit Eintreffen der Ausfuhrpapiere auf Reisen gehen, wurde jedoch beschlagnahmt und in den beiden Auktionen bei Hans W. Lange versteigert.[25] Eine weitere Versteigerung von Gegenständen aus dem beschlagnahmten Eigentum der Familie Heilbronner wurde auf Anordnung des Oberfinanzpräsidenten am 28. Oktober 1941 im Erdmannshof am Kottbusser Ufer 28/40 durchgeführt.[26] Der Anteil Heilbronner mit Mobiliar, Brücken, Ölbildern, Kunstgegenständen, Büchern, Wäsche, Glas und Hausrat brachte dort zwischen 60.000 und 80.000 RM ein.[27] Bei den entzogenen Kunstwerken, so gab Alfons Heilbronner 1959 an, hatte es sich nicht um gekaufte sondern um von Vater und Großvater geerbte gehandelt, deren niedrige Taxwerte er in den Entschädigungsverfahren anfocht.[28]
1942 erkundigt sich das Bankhaus Delbrück Schickler & Co. beim Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg, ob „Olga Sara Heilbronner“ zum 27. November 1941 noch deutsche Staatsbürgerin sei.[29] Daraufhin ordnete die Gestapo die Beschlagnahme ihres Kontos bei Delbrück & Schickler mit einem Restguthaben von 18 RM an.[30] Sie verstarb am 11. März 1944 im argentinischen Exil.[31]
[1] Geheime Staatspolizei Berlin an Finanzamt Moabit-West, 15.7.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 1.
[2] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 8.8.1941, ebd. Bl. 2.
[3] Spedition Haberling an Finanzamt Moabit-West, 25.8.1941, ebd. Bl. 4.
[4] Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner, 17.10.1941, ebd. Bl.12-14.
[5] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 16.12.1941, ebd. Bl. 43.
[6] Abrechnung Auktionsbeitrag Heilbronner, Hans W. Lange, 22.12.1941, ebd., Bl. 46.
[7] Abrechnung Hans W. Lange über Auktionsbeitrag Heilbronner, 16.5.1942, ebd. Bl. 61; Ernst Melzer an die Wiedergutmachungsämter Berlin, 14.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 11-14.
[8] Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Silber, Tapisserien. Aukt.-Kat. Hans W. Lange, Berlin, 12.-13.5.1942, Einlieferungsverzeichnis.
[9] Aktennotiz Amtsgericht Berlin, 26.2.1903, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 2.
[10] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.; Max und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 18.1.1922, ebd. Bl. 4.
[11] Industrie- und Handelskammer an Amtsgericht Berlin-Mitte, 28.2.1929, ebd. Bl. 3.
[12] Olga und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 11.5.1929, ebd. Bl. 13.
[13] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[14] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 3.9.1956, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. E9.
[15] Zur Familie und Geschichte der Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt vgl. u.a. Isabelle le Masne de Chermont, The Arthur Goldschmidt File in the Archive oft he Direction de la Sûreté: French Police Archives Shed Light on Paul Graupe & Cie (Paris, 1937–1939), in: Echoes of Exile. Moscow Archives and the Arts in Paris 1933–1945. Berlin/München/Boston 2015, S. 75-84.
[16] Hertha Schoene, zitiert von Rechtsanwalt Moral an Entschädigungsamt Berlin, 3.1.1955, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M17.
[17] Eduard Plietzsch an Rechtsanwalt Moral, 16.12.1955, ebd. Bl. E3.
[18] Anlage zum Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Alfons Heilbronner, 20.7.1938, BADV-Archiv, 908 IH 285; Alfons Heilbronner, an Entschädigungsamt Berlin, 4.2.1954, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M5.
[19] Der Abteilungsdirektor Theodor Stern, in: Lynn Rother: Kunst durch Kredit. Die Berliner Museen und ihre Erwerbungen von der Dresdner Bank 1935. Berlin/Boston 2016, S. 242-246.
[20] Max Heilbronner Antiquitäten, Datenbank jüdische Gewerbebetriebe in Berlin, 1930–1945, http://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find.
[21] Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin, 5.1.1938, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 22.
[22] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[23] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Rechtsanwalt Moral an Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, 9.7.1955, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 12; Polizeiliche Abmeldung Alfons Heilbronner, 31.3.1937, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M11.
[24] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Olga Heilbronner, 25.7.1938, BADV-Archiv, 908 ICH 307 (908/1067); Anmeldung von Ansprüchen gemäß Gesetz der Opfer des Nationalsozialismus, Schaden an Vermögen, 5.12.1951, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 64.639, Heilbronner, Olga, Bl. D1.
[25] Bericht des Prokuristen der Spedition Haberling, 15.11.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 29.
[26] Gutachten Ludwig Schmidt-Bangel, 25.10.1941, ebd., Bl. 16.
[27] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Oberfinanzpräsident Berlin an die Finanzkasse Moabit-West, 9.12.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 42; Abschrift einer Zeitungsannonce, Anlage zur eidesstattlichen Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 28.
[28] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 16-27.
[29] Delbrück Schickler & Co. an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, 26.5.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14149, Bl. 1.
[30] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Geheime Staatspolizei Berlin an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, 2.2.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 51.
[31] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.
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Am 15. Juli 1941 ordnete die Geheime Staatspolizei anlässlich der beabsichtigten Ausbürgerung der Emigrantin Olga Heilbronner an, ihr Umzugsgut, das bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin eingelagert war, zugunsten eines Gestapo-Kontos bei der Deutschen Bank zu versteigern.[1] Um die Auktion bewarb sich Hans W. Lange im August 1941 beim Finanzamt Moabit-West: „Es handelt sich um die Ehefrau eines früheren Kunsthändlers, die eine Sammlung von hochrangigem Kunstgut besessen hat, das, wie wir annehmen, auch jetzt noch in Deutschland vorhanden sein muss und zu dem von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Kunstgut gehören muss.“[2] Am 25. August 1941 wurde Hans W. Lange mit der Versteigerung beauftragt.[3] Wenige Tage später erstellte die Spedition Haberling ein „Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner“, das neben Möbeln und Hausrat „2 alte Bilder“ und „ 1 Bilderkiste“ sowie diverse weitere Kisten ohne genaue Inhaltsangabe listete.[4] Die erste Auktion richtete Hans W. Lange am 20. Dezember 1941 aus.[5] Da die Auktion kurzfristig um vier Tage verschoben wurde, trägt der bereits fertiggestellte Auktionskatalog mit dem 16. Dezember 1941 ein falsches Datum. Der Erlös betrug für den Beitrag Heilbronner, im Katalog unter der Chiffre „F. M-W., Berlin“ (Finanzamt Moabit-West) verzeichnet, 8.720 RM.[6] Eine zweite Auktion, die 25.290 RM einbrachte, richtete das Auktionshaus am 12. und 13. Mai 1942 aus.[7] Die Einlieferer-Chiffre lautete hier „F. A. M.-W., Berlin“.[8]
Olga Jeanette Heilbronner, geb. Fränkel (geb. 25.11.1862 in München), war die Witwe des am 10. März 1926 verstorbenen Kunsthändlers Max Heilbronner. Jener hatte 1903 in der Viktoriastr. 33 in Berlin-Schöneberg die Firma „Max Heilbronner Antiquitäten“ gegründet, die am 26. Februar des Jahres im Handelsregister angemeldet wurde.[9] Sein Sohn Alfons Heilbronner (geb. 30. Mai 1889 in München, gest. 3. Dezember 1973 in Zürich) trat am 1. Januar 1922 als persönlich haftender Gesellschafter in den väterlichen Betrieb ein.[10] Nach dem Tod von Max Heilbronner trat Olga seine Alleinerbschaft an.[11] Seinen durch Tod bedingten Firmenaustritt meldete die Familie aber erst im Mai 1929 dem zuständigen Amtsgericht Berlin-Mitte.[12] Am 29. Juni 1929 wurde Olga Heilbronners Eintritt in die Gesellschaft offiziell im Handelsregister verzeichnet. Diese Gesellschaft wurde am 3. Juli 1931 wieder aufgelöst und Alfons Heilbronner zum Alleininhaber der Kunsthandlung erklärt.[13]
In den Jahren vor 1933 gehörte die Firma Max Heilbronner zu den renommierten Kunsthandlungen Berlins. „Ich schätze, daß die Einnahme der Firma bis 1931 einschließlich mit etwa 100.000,-- RM jährlich zu bewerten ist“, rekonstruierte Alfons Heilbronner 1956: „Nach 1931 […] ist das Einkommen allmählich abgesunken. Die Gründe, die auf meiner Abstammung beruhen, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Jedenfalls machte sich bereits ab 1931 ein schädigender Einfluß auf jüdische Unternehmen geltend.“[14] Hertha Schöne, ehemalige Mitarbeiterin der unter dem gleichen Dach ansässigen Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt & Co., deren Berliner Zweigstelle Arthur Goldschmidt (geb. 3.10.1891 in Frankfurt am Main) leitete,[15] bescheinigte Heilbronner nach dem Krieg: „Diese Firma, die im besten Antiquitätenhandel zu den international bekanntesten Firmen gehörte, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Zu ihren ständigen Kunden gehörten die namhaften Kunstsammler aus den Kreisen der Regierung, der Hochfinanz und der Kunstwelt des In- und Auslandes.“[16] Auch der Kunsthändler Eduard Plietzsch schloss sich dieser Einschätzung an und bezeugte: „Herr Heilbronner war einer der angesehensten, vertrauenswürdigsten und auch aktivsten Vertreter des deutschen Kunsthandels vor 1933. So weit ich beurteilen kann, war seine Firma in der Lage, im In- und Auslande große und erfolgreiche Geschäfte durchführen zu können.“[17]
Seit dem Frühjahr 1935 befand sich die Kunsthandlung infolge des durch die Reichskammer der bildenden Künste ausgesprochenen Berufsverbots für jüdische Kunsthändler in „stiller Liquidation“.[18] Als Treuhänder bei der Auflösung der Firma Max Heilbronner agierte der einstige Abteilungsdirektor Theodor Stern (geb. 14.5.1877), der am 1. Januar 1935 als jüdischer Mitarbeiter der Dresdner Bank in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war.[19] Die Liquidierung der Kunsthandlung zog sich über fast drei Jahre.[20] Am 5. Januar 1938 schrieb Alfons Heilbronner an das Amtsgericht Berlin, dass seine Firma zum 31. Dezember 1937 erloschen sei, da er das Handelsgewerbe aufgegeben habe.[21] Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 12. Februar 1938.[22]
Am 30. Mai 1937 emigrierte Alfons Heilbronner nach Amsterdam und etwas später nach Paris, wo sich bereits seine Mutter aufhielt. Olga Heilbronner war 1936 über Nizza und Monte Carlo in die französische Hauptstadt ausgewandert. 1941 zogen Mutter und Sohn weiter nach Buenos Aires.[23] Ihr Umzugsgut – einschließlich einer größeren Menge Bilder, Teppiche und Brücken – lagerten beide bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin ein,[24] weil die Freigabe durch die Devisenstelle zum Zeitpunkt der Auswanderung noch nicht erteilt war. Das Umzugsgut war für eine Bahn-Verladung nach Paris verpackt und sollte mit Eintreffen der Ausfuhrpapiere auf Reisen gehen, wurde jedoch beschlagnahmt und in den beiden Auktionen bei Hans W. Lange versteigert.[25] Eine weitere Versteigerung von Gegenständen aus dem beschlagnahmten Eigentum der Familie Heilbronner wurde auf Anordnung des Oberfinanzpräsidenten am 28. Oktober 1941 im Erdmannshof am Kottbusser Ufer 28/40 durchgeführt.[26] Der Anteil Heilbronner mit Mobiliar, Brücken, Ölbildern, Kunstgegenständen, Büchern, Wäsche, Glas und Hausrat brachte dort zwischen 60.000 und 80.000 RM ein.[27] Bei den entzogenen Kunstwerken, so gab Alfons Heilbronner 1959 an, hatte es sich nicht um gekaufte sondern um von Vater und Großvater geerbte gehandelt, deren niedrige Taxwerte er in den Entschädigungsverfahren anfocht.[28]
1942 erkundigt sich das Bankhaus Delbrück Schickler & Co. beim Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg, ob „Olga Sara Heilbronner“ zum 27. November 1941 noch deutsche Staatsbürgerin sei.[29] Daraufhin ordnete die Gestapo die Beschlagnahme ihres Kontos bei Delbrück & Schickler mit einem Restguthaben von 18 RM an.[30] Sie verstarb am 11. März 1944 im argentinischen Exil.[31]
[1] Geheime Staatspolizei Berlin an Finanzamt Moabit-West, 15.7.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 1.
[2] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 8.8.1941, ebd. Bl. 2.
[3] Spedition Haberling an Finanzamt Moabit-West, 25.8.1941, ebd. Bl. 4.
[4] Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner, 17.10.1941, ebd. Bl.12-14.
[5] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 16.12.1941, ebd. Bl. 43.
[6] Abrechnung Auktionsbeitrag Heilbronner, Hans W. Lange, 22.12.1941, ebd., Bl. 46.
[7] Abrechnung Hans W. Lange über Auktionsbeitrag Heilbronner, 16.5.1942, ebd. Bl. 61; Ernst Melzer an die Wiedergutmachungsämter Berlin, 14.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 11-14.
[8] Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Silber, Tapisserien. Aukt.-Kat. Hans W. Lange, Berlin, 12.-13.5.1942, Einlieferungsverzeichnis.
[9] Aktennotiz Amtsgericht Berlin, 26.2.1903, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 2.
[10] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.; Max und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 18.1.1922, ebd. Bl. 4.
[11] Industrie- und Handelskammer an Amtsgericht Berlin-Mitte, 28.2.1929, ebd. Bl. 3.
[12] Olga und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 11.5.1929, ebd. Bl. 13.
[13] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[14] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 3.9.1956, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. E9.
[15] Zur Familie und Geschichte der Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt vgl. u.a. Isabelle le Masne de Chermont, The Arthur Goldschmidt File in the Archive oft he Direction de la Sûreté: French Police Archives Shed Light on Paul Graupe & Cie (Paris, 1937–1939), in: Echoes of Exile. Moscow Archives and the Arts in Paris 1933–1945. Berlin/München/Boston 2015, S. 75-84.
[16] Hertha Schoene, zitiert von Rechtsanwalt Moral an Entschädigungsamt Berlin, 3.1.1955, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M17.
[17] Eduard Plietzsch an Rechtsanwalt Moral, 16.12.1955, ebd. Bl. E3.
[18] Anlage zum Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Alfons Heilbronner, 20.7.1938, BADV-Archiv, 908 IH 285; Alfons Heilbronner, an Entschädigungsamt Berlin, 4.2.1954, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M5.
[19] Der Abteilungsdirektor Theodor Stern, in: Lynn Rother: Kunst durch Kredit. Die Berliner Museen und ihre Erwerbungen von der Dresdner Bank 1935. Berlin/Boston 2016, S. 242-246.
[20] Max Heilbronner Antiquitäten, Datenbank jüdische Gewerbebetriebe in Berlin, 1930–1945, http://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find.
[21] Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin, 5.1.1938, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 22.
[22] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[23] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Rechtsanwalt Moral an Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, 9.7.1955, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 12; Polizeiliche Abmeldung Alfons Heilbronner, 31.3.1937, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M11.
[24] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Olga Heilbronner, 25.7.1938, BADV-Archiv, 908 ICH 307 (908/1067); Anmeldung von Ansprüchen gemäß Gesetz der Opfer des Nationalsozialismus, Schaden an Vermögen, 5.12.1951, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 64.639, Heilbronner, Olga, Bl. D1.
[25] Bericht des Prokuristen der Spedition Haberling, 15.11.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 29.
[26] Gutachten Ludwig Schmidt-Bangel, 25.10.1941, ebd., Bl. 16.
[27] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Oberfinanzpräsident Berlin an die Finanzkasse Moabit-West, 9.12.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 42; Abschrift einer Zeitungsannonce, Anlage zur eidesstattlichen Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 28.
[28] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 16-27.
[29] Delbrück Schickler & Co. an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, 26.5.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14149, Bl. 1.
[30] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Geheime Staatspolizei Berlin an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, 2.2.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 51.
[31] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.
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Am 15. Juli 1941 ordnete die Geheime Staatspolizei anlässlich der beabsichtigten Ausbürgerung der Emigrantin Olga Heilbronner an, ihr Umzugsgut, das bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin eingelagert war, zugunsten eines Gestapo-Kontos bei der Deutschen Bank zu versteigern.[1] Um die Auktion bewarb sich Hans W. Lange im August 1941 beim Finanzamt Moabit-West: „Es handelt sich um die Ehefrau eines früheren Kunsthändlers, die eine Sammlung von hochrangigem Kunstgut besessen hat, das, wie wir annehmen, auch jetzt noch in Deutschland vorhanden sein muss und zu dem von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Kunstgut gehören muss.“[2] Am 25. August 1941 wurde Hans W. Lange mit der Versteigerung beauftragt.[3] Wenige Tage später erstellte die Spedition Haberling ein „Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner“, das neben Möbeln und Hausrat „2 alte Bilder“ und „ 1 Bilderkiste“ sowie diverse weitere Kisten ohne genaue Inhaltsangabe listete.[4] Die erste Auktion richtete Hans W. Lange am 20. Dezember 1941 aus.[5] Da die Auktion kurzfristig um vier Tage verschoben wurde, trägt der bereits fertiggestellte Auktionskatalog mit dem 16. Dezember 1941 ein falsches Datum. Der Erlös betrug für den Beitrag Heilbronner, im Katalog unter der Chiffre „F. M-W., Berlin“ (Finanzamt Moabit-West) verzeichnet, 8.720 RM.[6] Eine zweite Auktion, die 25.290 RM einbrachte, richtete das Auktionshaus am 12. und 13. Mai 1942 aus.[7] Die Einlieferer-Chiffre lautete hier „F. A. M.-W., Berlin“.[8]
Olga Jeanette Heilbronner, geb. Fränkel (geb. 25.11.1862 in München), war die Witwe des am 10. März 1926 verstorbenen Kunsthändlers Max Heilbronner. Jener hatte 1903 in der Viktoriastr. 33 in Berlin-Schöneberg die Firma „Max Heilbronner Antiquitäten“ gegründet, die am 26. Februar des Jahres im Handelsregister angemeldet wurde.[9] Sein Sohn Alfons Heilbronner (geb. 30. Mai 1889 in München, gest. 3. Dezember 1973 in Zürich) trat am 1. Januar 1922 als persönlich haftender Gesellschafter in den väterlichen Betrieb ein.[10] Nach dem Tod von Max Heilbronner trat Olga seine Alleinerbschaft an.[11] Seinen durch Tod bedingten Firmenaustritt meldete die Familie aber erst im Mai 1929 dem zuständigen Amtsgericht Berlin-Mitte.[12] Am 29. Juni 1929 wurde Olga Heilbronners Eintritt in die Gesellschaft offiziell im Handelsregister verzeichnet. Diese Gesellschaft wurde am 3. Juli 1931 wieder aufgelöst und Alfons Heilbronner zum Alleininhaber der Kunsthandlung erklärt.[13]
In den Jahren vor 1933 gehörte die Firma Max Heilbronner zu den renommierten Kunsthandlungen Berlins. „Ich schätze, daß die Einnahme der Firma bis 1931 einschließlich mit etwa 100.000,-- RM jährlich zu bewerten ist“, rekonstruierte Alfons Heilbronner 1956: „Nach 1931 […] ist das Einkommen allmählich abgesunken. Die Gründe, die auf meiner Abstammung beruhen, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Jedenfalls machte sich bereits ab 1931 ein schädigender Einfluß auf jüdische Unternehmen geltend.“[14] Hertha Schöne, ehemalige Mitarbeiterin der unter dem gleichen Dach ansässigen Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt & Co., deren Berliner Zweigstelle Arthur Goldschmidt (geb. 3.10.1891 in Frankfurt am Main) leitete,[15] bescheinigte Heilbronner nach dem Krieg: „Diese Firma, die im besten Antiquitätenhandel zu den international bekanntesten Firmen gehörte, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Zu ihren ständigen Kunden gehörten die namhaften Kunstsammler aus den Kreisen der Regierung, der Hochfinanz und der Kunstwelt des In- und Auslandes.“[16] Auch der Kunsthändler Eduard Plietzsch schloss sich dieser Einschätzung an und bezeugte: „Herr Heilbronner war einer der angesehensten, vertrauenswürdigsten und auch aktivsten Vertreter des deutschen Kunsthandels vor 1933. So weit ich beurteilen kann, war seine Firma in der Lage, im In- und Auslande große und erfolgreiche Geschäfte durchführen zu können.“[17]
Seit dem Frühjahr 1935 befand sich die Kunsthandlung infolge des durch die Reichskammer der bildenden Künste ausgesprochenen Berufsverbots für jüdische Kunsthändler in „stiller Liquidation“.[18] Als Treuhänder bei der Auflösung der Firma Max Heilbronner agierte der einstige Abteilungsdirektor Theodor Stern (geb. 14.5.1877), der am 1. Januar 1935 als jüdischer Mitarbeiter der Dresdner Bank in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war.[19] Die Liquidierung der Kunsthandlung zog sich über fast drei Jahre.[20] Am 5. Januar 1938 schrieb Alfons Heilbronner an das Amtsgericht Berlin, dass seine Firma zum 31. Dezember 1937 erloschen sei, da er das Handelsgewerbe aufgegeben habe.[21] Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 12. Februar 1938.[22]
Am 30. Mai 1937 emigrierte Alfons Heilbronner nach Amsterdam und etwas später nach Paris, wo sich bereits seine Mutter aufhielt. Olga Heilbronner war 1936 über Nizza und Monte Carlo in die französische Hauptstadt ausgewandert. 1941 zogen Mutter und Sohn weiter nach Buenos Aires.[23] Ihr Umzugsgut – einschließlich einer größeren Menge Bilder, Teppiche und Brücken – lagerten beide bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin ein,[24] weil die Freigabe durch die Devisenstelle zum Zeitpunkt der Auswanderung noch nicht erteilt war. Das Umzugsgut war für eine Bahn-Verladung nach Paris verpackt und sollte mit Eintreffen der Ausfuhrpapiere auf Reisen gehen, wurde jedoch beschlagnahmt und in den beiden Auktionen bei Hans W. Lange versteigert.[25] Eine weitere Versteigerung von Gegenständen aus dem beschlagnahmten Eigentum der Familie Heilbronner wurde auf Anordnung des Oberfinanzpräsidenten am 28. Oktober 1941 im Erdmannshof am Kottbusser Ufer 28/40 durchgeführt.[26] Der Anteil Heilbronner mit Mobiliar, Brücken, Ölbildern, Kunstgegenständen, Büchern, Wäsche, Glas und Hausrat brachte dort zwischen 60.000 und 80.000 RM ein.[27] Bei den entzogenen Kunstwerken, so gab Alfons Heilbronner 1959 an, hatte es sich nicht um gekaufte sondern um von Vater und Großvater geerbte gehandelt, deren niedrige Taxwerte er in den Entschädigungsverfahren anfocht.[28]
1942 erkundigt sich das Bankhaus Delbrück Schickler & Co. beim Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg, ob „Olga Sara Heilbronner“ zum 27. November 1941 noch deutsche Staatsbürgerin sei.[29] Daraufhin ordnete die Gestapo die Beschlagnahme ihres Kontos bei Delbrück & Schickler mit einem Restguthaben von 18 RM an.[30] Sie verstarb am 11. März 1944 im argentinischen Exil.[31]
[1] Geheime Staatspolizei Berlin an Finanzamt Moabit-West, 15.7.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 1.
[2] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 8.8.1941, ebd. Bl. 2.
[3] Spedition Haberling an Finanzamt Moabit-West, 25.8.1941, ebd. Bl. 4.
[4] Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner, 17.10.1941, ebd. Bl.12-14.
[5] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 16.12.1941, ebd. Bl. 43.
[6] Abrechnung Auktionsbeitrag Heilbronner, Hans W. Lange, 22.12.1941, ebd., Bl. 46.
[7] Abrechnung Hans W. Lange über Auktionsbeitrag Heilbronner, 16.5.1942, ebd. Bl. 61; Ernst Melzer an die Wiedergutmachungsämter Berlin, 14.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 11-14.
[8] Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Silber, Tapisserien. Aukt.-Kat. Hans W. Lange, Berlin, 12.-13.5.1942, Einlieferungsverzeichnis.
[9] Aktennotiz Amtsgericht Berlin, 26.2.1903, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 2.
[10] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.; Max und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 18.1.1922, ebd. Bl. 4.
[11] Industrie- und Handelskammer an Amtsgericht Berlin-Mitte, 28.2.1929, ebd. Bl. 3.
[12] Olga und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 11.5.1929, ebd. Bl. 13.
[13] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[14] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 3.9.1956, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. E9.
[15] Zur Familie und Geschichte der Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt vgl. u.a. Isabelle le Masne de Chermont, The Arthur Goldschmidt File in the Archive oft he Direction de la Sûreté: French Police Archives Shed Light on Paul Graupe & Cie (Paris, 1937–1939), in: Echoes of Exile. Moscow Archives and the Arts in Paris 1933–1945. Berlin/München/Boston 2015, S. 75-84.
[16] Hertha Schoene, zitiert von Rechtsanwalt Moral an Entschädigungsamt Berlin, 3.1.1955, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M17.
[17] Eduard Plietzsch an Rechtsanwalt Moral, 16.12.1955, ebd. Bl. E3.
[18] Anlage zum Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Alfons Heilbronner, 20.7.1938, BADV-Archiv, 908 IH 285; Alfons Heilbronner, an Entschädigungsamt Berlin, 4.2.1954, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M5.
[19] Der Abteilungsdirektor Theodor Stern, in: Lynn Rother: Kunst durch Kredit. Die Berliner Museen und ihre Erwerbungen von der Dresdner Bank 1935. Berlin/Boston 2016, S. 242-246.
[20] Max Heilbronner Antiquitäten, Datenbank jüdische Gewerbebetriebe in Berlin, 1930–1945, http://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find.
[21] Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin, 5.1.1938, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 22.
[22] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[23] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Rechtsanwalt Moral an Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, 9.7.1955, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 12; Polizeiliche Abmeldung Alfons Heilbronner, 31.3.1937, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M11.
[24] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Olga Heilbronner, 25.7.1938, BADV-Archiv, 908 ICH 307 (908/1067); Anmeldung von Ansprüchen gemäß Gesetz der Opfer des Nationalsozialismus, Schaden an Vermögen, 5.12.1951, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 64.639, Heilbronner, Olga, Bl. D1.
[25] Bericht des Prokuristen der Spedition Haberling, 15.11.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 29.
[26] Gutachten Ludwig Schmidt-Bangel, 25.10.1941, ebd., Bl. 16.
[27] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Oberfinanzpräsident Berlin an die Finanzkasse Moabit-West, 9.12.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 42; Abschrift einer Zeitungsannonce, Anlage zur eidesstattlichen Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 28.
[28] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 16-27.
[29] Delbrück Schickler & Co. an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, 26.5.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14149, Bl. 1.
[30] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Geheime Staatspolizei Berlin an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, 2.2.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 51.
[31] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.
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Am 15. Juli 1941 ordnete die Geheime Staatspolizei anlässlich der beabsichtigten Ausbürgerung der Emigrantin Olga Heilbronner an, ihr Umzugsgut, das bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin eingelagert war, zugunsten eines Gestapo-Kontos bei der Deutschen Bank zu versteigern.[1] Um die Auktion bewarb sich Hans W. Lange im August 1941 beim Finanzamt Moabit-West: „Es handelt sich um die Ehefrau eines früheren Kunsthändlers, die eine Sammlung von hochrangigem Kunstgut besessen hat, das, wie wir annehmen, auch jetzt noch in Deutschland vorhanden sein muss und zu dem von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Kunstgut gehören muss.“[2] Am 25. August 1941 wurde Hans W. Lange mit der Versteigerung beauftragt.[3] Wenige Tage später erstellte die Spedition Haberling ein „Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner“, das neben Möbeln und Hausrat „2 alte Bilder“ und „ 1 Bilderkiste“ sowie diverse weitere Kisten ohne genaue Inhaltsangabe listete.[4] Die erste Auktion richtete Hans W. Lange am 20. Dezember 1941 aus.[5] Da die Auktion kurzfristig um vier Tage verschoben wurde, trägt der bereits fertiggestellte Auktionskatalog mit dem 16. Dezember 1941 ein falsches Datum. Der Erlös betrug für den Beitrag Heilbronner, im Katalog unter der Chiffre „F. M-W., Berlin“ (Finanzamt Moabit-West) verzeichnet, 8.720 RM.[6] Eine zweite Auktion, die 25.290 RM einbrachte, richtete das Auktionshaus am 12. und 13. Mai 1942 aus.[7] Die Einlieferer-Chiffre lautete hier „F. A. M.-W., Berlin“.[8]
Olga Jeanette Heilbronner, geb. Fränkel (geb. 25.11.1862 in München), war die Witwe des am 10. März 1926 verstorbenen Kunsthändlers Max Heilbronner. Jener hatte 1903 in der Viktoriastr. 33 in Berlin-Schöneberg die Firma „Max Heilbronner Antiquitäten“ gegründet, die am 26. Februar des Jahres im Handelsregister angemeldet wurde.[9] Sein Sohn Alfons Heilbronner (geb. 30. Mai 1889 in München, gest. 3. Dezember 1973 in Zürich) trat am 1. Januar 1922 als persönlich haftender Gesellschafter in den väterlichen Betrieb ein.[10] Nach dem Tod von Max Heilbronner trat Olga seine Alleinerbschaft an.[11] Seinen durch Tod bedingten Firmenaustritt meldete die Familie aber erst im Mai 1929 dem zuständigen Amtsgericht Berlin-Mitte.[12] Am 29. Juni 1929 wurde Olga Heilbronners Eintritt in die Gesellschaft offiziell im Handelsregister verzeichnet. Diese Gesellschaft wurde am 3. Juli 1931 wieder aufgelöst und Alfons Heilbronner zum Alleininhaber der Kunsthandlung erklärt.[13]
In den Jahren vor 1933 gehörte die Firma Max Heilbronner zu den renommierten Kunsthandlungen Berlins. „Ich schätze, daß die Einnahme der Firma bis 1931 einschließlich mit etwa 100.000,-- RM jährlich zu bewerten ist“, rekonstruierte Alfons Heilbronner 1956: „Nach 1931 […] ist das Einkommen allmählich abgesunken. Die Gründe, die auf meiner Abstammung beruhen, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Jedenfalls machte sich bereits ab 1931 ein schädigender Einfluß auf jüdische Unternehmen geltend.“[14] Hertha Schöne, ehemalige Mitarbeiterin der unter dem gleichen Dach ansässigen Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt & Co., deren Berliner Zweigstelle Arthur Goldschmidt (geb. 3.10.1891 in Frankfurt am Main) leitete,[15] bescheinigte Heilbronner nach dem Krieg: „Diese Firma, die im besten Antiquitätenhandel zu den international bekanntesten Firmen gehörte, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Zu ihren ständigen Kunden gehörten die namhaften Kunstsammler aus den Kreisen der Regierung, der Hochfinanz und der Kunstwelt des In- und Auslandes.“[16] Auch der Kunsthändler Eduard Plietzsch schloss sich dieser Einschätzung an und bezeugte: „Herr Heilbronner war einer der angesehensten, vertrauenswürdigsten und auch aktivsten Vertreter des deutschen Kunsthandels vor 1933. So weit ich beurteilen kann, war seine Firma in der Lage, im In- und Auslande große und erfolgreiche Geschäfte durchführen zu können.“[17]
Seit dem Frühjahr 1935 befand sich die Kunsthandlung infolge des durch die Reichskammer der bildenden Künste ausgesprochenen Berufsverbots für jüdische Kunsthändler in „stiller Liquidation“.[18] Als Treuhänder bei der Auflösung der Firma Max Heilbronner agierte der einstige Abteilungsdirektor Theodor Stern (geb. 14.5.1877), der am 1. Januar 1935 als jüdischer Mitarbeiter der Dresdner Bank in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war.[19] Die Liquidierung der Kunsthandlung zog sich über fast drei Jahre.[20] Am 5. Januar 1938 schrieb Alfons Heilbronner an das Amtsgericht Berlin, dass seine Firma zum 31. Dezember 1937 erloschen sei, da er das Handelsgewerbe aufgegeben habe.[21] Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 12. Februar 1938.[22]
Am 30. Mai 1937 emigrierte Alfons Heilbronner nach Amsterdam und etwas später nach Paris, wo sich bereits seine Mutter aufhielt. Olga Heilbronner war 1936 über Nizza und Monte Carlo in die französische Hauptstadt ausgewandert. 1941 zogen Mutter und Sohn weiter nach Buenos Aires.[23] Ihr Umzugsgut – einschließlich einer größeren Menge Bilder, Teppiche und Brücken – lagerten beide bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin ein,[24] weil die Freigabe durch die Devisenstelle zum Zeitpunkt der Auswanderung noch nicht erteilt war. Das Umzugsgut war für eine Bahn-Verladung nach Paris verpackt und sollte mit Eintreffen der Ausfuhrpapiere auf Reisen gehen, wurde jedoch beschlagnahmt und in den beiden Auktionen bei Hans W. Lange versteigert.[25] Eine weitere Versteigerung von Gegenständen aus dem beschlagnahmten Eigentum der Familie Heilbronner wurde auf Anordnung des Oberfinanzpräsidenten am 28. Oktober 1941 im Erdmannshof am Kottbusser Ufer 28/40 durchgeführt.[26] Der Anteil Heilbronner mit Mobiliar, Brücken, Ölbildern, Kunstgegenständen, Büchern, Wäsche, Glas und Hausrat brachte dort zwischen 60.000 und 80.000 RM ein.[27] Bei den entzogenen Kunstwerken, so gab Alfons Heilbronner 1959 an, hatte es sich nicht um gekaufte sondern um von Vater und Großvater geerbte gehandelt, deren niedrige Taxwerte er in den Entschädigungsverfahren anfocht.[28]
1942 erkundigt sich das Bankhaus Delbrück Schickler & Co. beim Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg, ob „Olga Sara Heilbronner“ zum 27. November 1941 noch deutsche Staatsbürgerin sei.[29] Daraufhin ordnete die Gestapo die Beschlagnahme ihres Kontos bei Delbrück & Schickler mit einem Restguthaben von 18 RM an.[30] Sie verstarb am 11. März 1944 im argentinischen Exil.[31]
[1] Geheime Staatspolizei Berlin an Finanzamt Moabit-West, 15.7.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 1.
[2] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 8.8.1941, ebd. Bl. 2.
[3] Spedition Haberling an Finanzamt Moabit-West, 25.8.1941, ebd. Bl. 4.
[4] Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner, 17.10.1941, ebd. Bl.12-14.
[5] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 16.12.1941, ebd. Bl. 43.
[6] Abrechnung Auktionsbeitrag Heilbronner, Hans W. Lange, 22.12.1941, ebd., Bl. 46.
[7] Abrechnung Hans W. Lange über Auktionsbeitrag Heilbronner, 16.5.1942, ebd. Bl. 61; Ernst Melzer an die Wiedergutmachungsämter Berlin, 14.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 11-14.
[8] Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Silber, Tapisserien. Aukt.-Kat. Hans W. Lange, Berlin, 12.-13.5.1942, Einlieferungsverzeichnis.
[9] Aktennotiz Amtsgericht Berlin, 26.2.1903, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 2.
[10] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.; Max und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 18.1.1922, ebd. Bl. 4.
[11] Industrie- und Handelskammer an Amtsgericht Berlin-Mitte, 28.2.1929, ebd. Bl. 3.
[12] Olga und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 11.5.1929, ebd. Bl. 13.
[13] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[14] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 3.9.1956, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. E9.
[15] Zur Familie und Geschichte der Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt vgl. u.a. Isabelle le Masne de Chermont, The Arthur Goldschmidt File in the Archive oft he Direction de la Sûreté: French Police Archives Shed Light on Paul Graupe & Cie (Paris, 1937–1939), in: Echoes of Exile. Moscow Archives and the Arts in Paris 1933–1945. Berlin/München/Boston 2015, S. 75-84.
[16] Hertha Schoene, zitiert von Rechtsanwalt Moral an Entschädigungsamt Berlin, 3.1.1955, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M17.
[17] Eduard Plietzsch an Rechtsanwalt Moral, 16.12.1955, ebd. Bl. E3.
[18] Anlage zum Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Alfons Heilbronner, 20.7.1938, BADV-Archiv, 908 IH 285; Alfons Heilbronner, an Entschädigungsamt Berlin, 4.2.1954, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M5.
[19] Der Abteilungsdirektor Theodor Stern, in: Lynn Rother: Kunst durch Kredit. Die Berliner Museen und ihre Erwerbungen von der Dresdner Bank 1935. Berlin/Boston 2016, S. 242-246.
[20] Max Heilbronner Antiquitäten, Datenbank jüdische Gewerbebetriebe in Berlin, 1930–1945, http://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find.
[21] Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin, 5.1.1938, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 22.
[22] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[23] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Rechtsanwalt Moral an Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, 9.7.1955, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 12; Polizeiliche Abmeldung Alfons Heilbronner, 31.3.1937, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M11.
[24] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Olga Heilbronner, 25.7.1938, BADV-Archiv, 908 ICH 307 (908/1067); Anmeldung von Ansprüchen gemäß Gesetz der Opfer des Nationalsozialismus, Schaden an Vermögen, 5.12.1951, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 64.639, Heilbronner, Olga, Bl. D1.
[25] Bericht des Prokuristen der Spedition Haberling, 15.11.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 29.
[26] Gutachten Ludwig Schmidt-Bangel, 25.10.1941, ebd., Bl. 16.
[27] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Oberfinanzpräsident Berlin an die Finanzkasse Moabit-West, 9.12.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 42; Abschrift einer Zeitungsannonce, Anlage zur eidesstattlichen Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 28.
[28] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 16-27.
[29] Delbrück Schickler & Co. an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, 26.5.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14149, Bl. 1.
[30] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Geheime Staatspolizei Berlin an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, 2.2.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 51.
[31] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.
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Am 15. Juli 1941 ordnete die Geheime Staatspolizei anlässlich der beabsichtigten Ausbürgerung der Emigrantin Olga Heilbronner an, ihr Umzugsgut, das bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin eingelagert war, zugunsten eines Gestapo-Kontos bei der Deutschen Bank zu versteigern.[1] Um die Auktion bewarb sich Hans W. Lange im August 1941 beim Finanzamt Moabit-West: „Es handelt sich um die Ehefrau eines früheren Kunsthändlers, die eine Sammlung von hochrangigem Kunstgut besessen hat, das, wie wir annehmen, auch jetzt noch in Deutschland vorhanden sein muss und zu dem von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Kunstgut gehören muss.“[2] Am 25. August 1941 wurde Hans W. Lange mit der Versteigerung beauftragt.[3] Wenige Tage später erstellte die Spedition Haberling ein „Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner“, das neben Möbeln und Hausrat „2 alte Bilder“ und „ 1 Bilderkiste“ sowie diverse weitere Kisten ohne genaue Inhaltsangabe listete.[4] Die erste Auktion richtete Hans W. Lange am 20. Dezember 1941 aus.[5] Da die Auktion kurzfristig um vier Tage verschoben wurde, trägt der bereits fertiggestellte Auktionskatalog mit dem 16. Dezember 1941 ein falsches Datum. Der Erlös betrug für den Beitrag Heilbronner, im Katalog unter der Chiffre „F. M-W., Berlin“ (Finanzamt Moabit-West) verzeichnet, 8.720 RM.[6] Eine zweite Auktion, die 25.290 RM einbrachte, richtete das Auktionshaus am 12. und 13. Mai 1942 aus.[7] Die Einlieferer-Chiffre lautete hier „F. A. M.-W., Berlin“.[8]
Olga Jeanette Heilbronner, geb. Fränkel (geb. 25.11.1862 in München), war die Witwe des am 10. März 1926 verstorbenen Kunsthändlers Max Heilbronner. Jener hatte 1903 in der Viktoriastr. 33 in Berlin-Schöneberg die Firma „Max Heilbronner Antiquitäten“ gegründet, die am 26. Februar des Jahres im Handelsregister angemeldet wurde.[9] Sein Sohn Alfons Heilbronner (geb. 30. Mai 1889 in München, gest. 3. Dezember 1973 in Zürich) trat am 1. Januar 1922 als persönlich haftender Gesellschafter in den väterlichen Betrieb ein.[10] Nach dem Tod von Max Heilbronner trat Olga seine Alleinerbschaft an.[11] Seinen durch Tod bedingten Firmenaustritt meldete die Familie aber erst im Mai 1929 dem zuständigen Amtsgericht Berlin-Mitte.[12] Am 29. Juni 1929 wurde Olga Heilbronners Eintritt in die Gesellschaft offiziell im Handelsregister verzeichnet. Diese Gesellschaft wurde am 3. Juli 1931 wieder aufgelöst und Alfons Heilbronner zum Alleininhaber der Kunsthandlung erklärt.[13]
In den Jahren vor 1933 gehörte die Firma Max Heilbronner zu den renommierten Kunsthandlungen Berlins. „Ich schätze, daß die Einnahme der Firma bis 1931 einschließlich mit etwa 100.000,-- RM jährlich zu bewerten ist“, rekonstruierte Alfons Heilbronner 1956: „Nach 1931 […] ist das Einkommen allmählich abgesunken. Die Gründe, die auf meiner Abstammung beruhen, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Jedenfalls machte sich bereits ab 1931 ein schädigender Einfluß auf jüdische Unternehmen geltend.“[14] Hertha Schöne, ehemalige Mitarbeiterin der unter dem gleichen Dach ansässigen Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt & Co., deren Berliner Zweigstelle Arthur Goldschmidt (geb. 3.10.1891 in Frankfurt am Main) leitete,[15] bescheinigte Heilbronner nach dem Krieg: „Diese Firma, die im besten Antiquitätenhandel zu den international bekanntesten Firmen gehörte, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Zu ihren ständigen Kunden gehörten die namhaften Kunstsammler aus den Kreisen der Regierung, der Hochfinanz und der Kunstwelt des In- und Auslandes.“[16] Auch der Kunsthändler Eduard Plietzsch schloss sich dieser Einschätzung an und bezeugte: „Herr Heilbronner war einer der angesehensten, vertrauenswürdigsten und auch aktivsten Vertreter des deutschen Kunsthandels vor 1933. So weit ich beurteilen kann, war seine Firma in der Lage, im In- und Auslande große und erfolgreiche Geschäfte durchführen zu können.“[17]
Seit dem Frühjahr 1935 befand sich die Kunsthandlung infolge des durch die Reichskammer der bildenden Künste ausgesprochenen Berufsverbots für jüdische Kunsthändler in „stiller Liquidation“.[18] Als Treuhänder bei der Auflösung der Firma Max Heilbronner agierte der einstige Abteilungsdirektor Theodor Stern (geb. 14.5.1877), der am 1. Januar 1935 als jüdischer Mitarbeiter der Dresdner Bank in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war.[19] Die Liquidierung der Kunsthandlung zog sich über fast drei Jahre.[20] Am 5. Januar 1938 schrieb Alfons Heilbronner an das Amtsgericht Berlin, dass seine Firma zum 31. Dezember 1937 erloschen sei, da er das Handelsgewerbe aufgegeben habe.[21] Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 12. Februar 1938.[22]
Am 30. Mai 1937 emigrierte Alfons Heilbronner nach Amsterdam und etwas später nach Paris, wo sich bereits seine Mutter aufhielt. Olga Heilbronner war 1936 über Nizza und Monte Carlo in die französische Hauptstadt ausgewandert. 1941 zogen Mutter und Sohn weiter nach Buenos Aires.[23] Ihr Umzugsgut – einschließlich einer größeren Menge Bilder, Teppiche und Brücken – lagerten beide bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin ein,[24] weil die Freigabe durch die Devisenstelle zum Zeitpunkt der Auswanderung noch nicht erteilt war. Das Umzugsgut war für eine Bahn-Verladung nach Paris verpackt und sollte mit Eintreffen der Ausfuhrpapiere auf Reisen gehen, wurde jedoch beschlagnahmt und in den beiden Auktionen bei Hans W. Lange versteigert.[25] Eine weitere Versteigerung von Gegenständen aus dem beschlagnahmten Eigentum der Familie Heilbronner wurde auf Anordnung des Oberfinanzpräsidenten am 28. Oktober 1941 im Erdmannshof am Kottbusser Ufer 28/40 durchgeführt.[26] Der Anteil Heilbronner mit Mobiliar, Brücken, Ölbildern, Kunstgegenständen, Büchern, Wäsche, Glas und Hausrat brachte dort zwischen 60.000 und 80.000 RM ein.[27] Bei den entzogenen Kunstwerken, so gab Alfons Heilbronner 1959 an, hatte es sich nicht um gekaufte sondern um von Vater und Großvater geerbte gehandelt, deren niedrige Taxwerte er in den Entschädigungsverfahren anfocht.[28]
1942 erkundigt sich das Bankhaus Delbrück Schickler & Co. beim Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg, ob „Olga Sara Heilbronner“ zum 27. November 1941 noch deutsche Staatsbürgerin sei.[29] Daraufhin ordnete die Gestapo die Beschlagnahme ihres Kontos bei Delbrück & Schickler mit einem Restguthaben von 18 RM an.[30] Sie verstarb am 11. März 1944 im argentinischen Exil.[31]
[1] Geheime Staatspolizei Berlin an Finanzamt Moabit-West, 15.7.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 1.
[2] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 8.8.1941, ebd. Bl. 2.
[3] Spedition Haberling an Finanzamt Moabit-West, 25.8.1941, ebd. Bl. 4.
[4] Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner, 17.10.1941, ebd. Bl.12-14.
[5] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 16.12.1941, ebd. Bl. 43.
[6] Abrechnung Auktionsbeitrag Heilbronner, Hans W. Lange, 22.12.1941, ebd., Bl. 46.
[7] Abrechnung Hans W. Lange über Auktionsbeitrag Heilbronner, 16.5.1942, ebd. Bl. 61; Ernst Melzer an die Wiedergutmachungsämter Berlin, 14.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 11-14.
[8] Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Silber, Tapisserien. Aukt.-Kat. Hans W. Lange, Berlin, 12.-13.5.1942, Einlieferungsverzeichnis.
[9] Aktennotiz Amtsgericht Berlin, 26.2.1903, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 2.
[10] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.; Max und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 18.1.1922, ebd. Bl. 4.
[11] Industrie- und Handelskammer an Amtsgericht Berlin-Mitte, 28.2.1929, ebd. Bl. 3.
[12] Olga und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 11.5.1929, ebd. Bl. 13.
[13] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[14] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 3.9.1956, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. E9.
[15] Zur Familie und Geschichte der Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt vgl. u.a. Isabelle le Masne de Chermont, The Arthur Goldschmidt File in the Archive oft he Direction de la Sûreté: French Police Archives Shed Light on Paul Graupe & Cie (Paris, 1937–1939), in: Echoes of Exile. Moscow Archives and the Arts in Paris 1933–1945. Berlin/München/Boston 2015, S. 75-84.
[16] Hertha Schoene, zitiert von Rechtsanwalt Moral an Entschädigungsamt Berlin, 3.1.1955, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M17.
[17] Eduard Plietzsch an Rechtsanwalt Moral, 16.12.1955, ebd. Bl. E3.
[18] Anlage zum Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Alfons Heilbronner, 20.7.1938, BADV-Archiv, 908 IH 285; Alfons Heilbronner, an Entschädigungsamt Berlin, 4.2.1954, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M5.
[19] Der Abteilungsdirektor Theodor Stern, in: Lynn Rother: Kunst durch Kredit. Die Berliner Museen und ihre Erwerbungen von der Dresdner Bank 1935. Berlin/Boston 2016, S. 242-246.
[20] Max Heilbronner Antiquitäten, Datenbank jüdische Gewerbebetriebe in Berlin, 1930–1945, http://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find.
[21] Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin, 5.1.1938, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 22.
[22] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[23] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Rechtsanwalt Moral an Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, 9.7.1955, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 12; Polizeiliche Abmeldung Alfons Heilbronner, 31.3.1937, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M11.
[24] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Olga Heilbronner, 25.7.1938, BADV-Archiv, 908 ICH 307 (908/1067); Anmeldung von Ansprüchen gemäß Gesetz der Opfer des Nationalsozialismus, Schaden an Vermögen, 5.12.1951, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 64.639, Heilbronner, Olga, Bl. D1.
[25] Bericht des Prokuristen der Spedition Haberling, 15.11.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 29.
[26] Gutachten Ludwig Schmidt-Bangel, 25.10.1941, ebd., Bl. 16.
[27] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Oberfinanzpräsident Berlin an die Finanzkasse Moabit-West, 9.12.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 42; Abschrift einer Zeitungsannonce, Anlage zur eidesstattlichen Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 28.
[28] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 16-27.
[29] Delbrück Schickler & Co. an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, 26.5.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14149, Bl. 1.
[30] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Geheime Staatspolizei Berlin an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, 2.2.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 51.
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Am 15. Juli 1941 ordnete die Geheime Staatspolizei anlässlich der beabsichtigten Ausbürgerung der Emigrantin Olga Heilbronner an, ihr Umzugsgut, das bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin eingelagert war, zugunsten eines Gestapo-Kontos bei der Deutschen Bank zu versteigern.[1] Um die Auktion bewarb sich Hans W. Lange im August 1941 beim Finanzamt Moabit-West: „Es handelt sich um die Ehefrau eines früheren Kunsthändlers, die eine Sammlung von hochrangigem Kunstgut besessen hat, das, wie wir annehmen, auch jetzt noch in Deutschland vorhanden sein muss und zu dem von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Kunstgut gehören muss.“[2] Am 25. August 1941 wurde Hans W. Lange mit der Versteigerung beauftragt.[3] Wenige Tage später erstellte die Spedition Haberling ein „Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner“, das neben Möbeln und Hausrat „2 alte Bilder“ und „ 1 Bilderkiste“ sowie diverse weitere Kisten ohne genaue Inhaltsangabe listete.[4] Die erste Auktion richtete Hans W. Lange am 20. Dezember 1941 aus.[5] Da die Auktion kurzfristig um vier Tage verschoben wurde, trägt der bereits fertiggestellte Auktionskatalog mit dem 16. Dezember 1941 ein falsches Datum. Der Erlös betrug für den Beitrag Heilbronner, im Katalog unter der Chiffre „F. M-W., Berlin“ (Finanzamt Moabit-West) verzeichnet, 8.720 RM.[6] Eine zweite Auktion, die 25.290 RM einbrachte, richtete das Auktionshaus am 12. und 13. Mai 1942 aus.[7] Die Einlieferer-Chiffre lautete hier „F. A. M.-W., Berlin“.[8]
Olga Jeanette Heilbronner, geb. Fränkel (geb. 25.11.1862 in München), war die Witwe des am 10. März 1926 verstorbenen Kunsthändlers Max Heilbronner. Jener hatte 1903 in der Viktoriastr. 33 in Berlin-Schöneberg die Firma „Max Heilbronner Antiquitäten“ gegründet, die am 26. Februar des Jahres im Handelsregister angemeldet wurde.[9] Sein Sohn Alfons Heilbronner (geb. 30. Mai 1889 in München, gest. 3. Dezember 1973 in Zürich) trat am 1. Januar 1922 als persönlich haftender Gesellschafter in den väterlichen Betrieb ein.[10] Nach dem Tod von Max Heilbronner trat Olga seine Alleinerbschaft an.[11] Seinen durch Tod bedingten Firmenaustritt meldete die Familie aber erst im Mai 1929 dem zuständigen Amtsgericht Berlin-Mitte.[12] Am 29. Juni 1929 wurde Olga Heilbronners Eintritt in die Gesellschaft offiziell im Handelsregister verzeichnet. Diese Gesellschaft wurde am 3. Juli 1931 wieder aufgelöst und Alfons Heilbronner zum Alleininhaber der Kunsthandlung erklärt.[13]
In den Jahren vor 1933 gehörte die Firma Max Heilbronner zu den renommierten Kunsthandlungen Berlins. „Ich schätze, daß die Einnahme der Firma bis 1931 einschließlich mit etwa 100.000,-- RM jährlich zu bewerten ist“, rekonstruierte Alfons Heilbronner 1956: „Nach 1931 […] ist das Einkommen allmählich abgesunken. Die Gründe, die auf meiner Abstammung beruhen, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Jedenfalls machte sich bereits ab 1931 ein schädigender Einfluß auf jüdische Unternehmen geltend.“[14] Hertha Schöne, ehemalige Mitarbeiterin der unter dem gleichen Dach ansässigen Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt & Co., deren Berliner Zweigstelle Arthur Goldschmidt (geb. 3.10.1891 in Frankfurt am Main) leitete,[15] bescheinigte Heilbronner nach dem Krieg: „Diese Firma, die im besten Antiquitätenhandel zu den international bekanntesten Firmen gehörte, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Zu ihren ständigen Kunden gehörten die namhaften Kunstsammler aus den Kreisen der Regierung, der Hochfinanz und der Kunstwelt des In- und Auslandes.“[16] Auch der Kunsthändler Eduard Plietzsch schloss sich dieser Einschätzung an und bezeugte: „Herr Heilbronner war einer der angesehensten, vertrauenswürdigsten und auch aktivsten Vertreter des deutschen Kunsthandels vor 1933. So weit ich beurteilen kann, war seine Firma in der Lage, im In- und Auslande große und erfolgreiche Geschäfte durchführen zu können.“[17]
Seit dem Frühjahr 1935 befand sich die Kunsthandlung infolge des durch die Reichskammer der bildenden Künste ausgesprochenen Berufsverbots für jüdische Kunsthändler in „stiller Liquidation“.[18] Als Treuhänder bei der Auflösung der Firma Max Heilbronner agierte der einstige Abteilungsdirektor Theodor Stern (geb. 14.5.1877), der am 1. Januar 1935 als jüdischer Mitarbeiter der Dresdner Bank in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war.[19] Die Liquidierung der Kunsthandlung zog sich über fast drei Jahre.[20] Am 5. Januar 1938 schrieb Alfons Heilbronner an das Amtsgericht Berlin, dass seine Firma zum 31. Dezember 1937 erloschen sei, da er das Handelsgewerbe aufgegeben habe.[21] Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 12. Februar 1938.[22]
Am 30. Mai 1937 emigrierte Alfons Heilbronner nach Amsterdam und etwas später nach Paris, wo sich bereits seine Mutter aufhielt. Olga Heilbronner war 1936 über Nizza und Monte Carlo in die französische Hauptstadt ausgewandert. 1941 zogen Mutter und Sohn weiter nach Buenos Aires.[23] Ihr Umzugsgut – einschließlich einer größeren Menge Bilder, Teppiche und Brücken – lagerten beide bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin ein,[24] weil die Freigabe durch die Devisenstelle zum Zeitpunkt der Auswanderung noch nicht erteilt war. Das Umzugsgut war für eine Bahn-Verladung nach Paris verpackt und sollte mit Eintreffen der Ausfuhrpapiere auf Reisen gehen, wurde jedoch beschlagnahmt und in den beiden Auktionen bei Hans W. Lange versteigert.[25] Eine weitere Versteigerung von Gegenständen aus dem beschlagnahmten Eigentum der Familie Heilbronner wurde auf Anordnung des Oberfinanzpräsidenten am 28. Oktober 1941 im Erdmannshof am Kottbusser Ufer 28/40 durchgeführt.[26] Der Anteil Heilbronner mit Mobiliar, Brücken, Ölbildern, Kunstgegenständen, Büchern, Wäsche, Glas und Hausrat brachte dort zwischen 60.000 und 80.000 RM ein.[27] Bei den entzogenen Kunstwerken, so gab Alfons Heilbronner 1959 an, hatte es sich nicht um gekaufte sondern um von Vater und Großvater geerbte gehandelt, deren niedrige Taxwerte er in den Entschädigungsverfahren anfocht.[28]
1942 erkundigt sich das Bankhaus Delbrück Schickler & Co. beim Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg, ob „Olga Sara Heilbronner“ zum 27. November 1941 noch deutsche Staatsbürgerin sei.[29] Daraufhin ordnete die Gestapo die Beschlagnahme ihres Kontos bei Delbrück & Schickler mit einem Restguthaben von 18 RM an.[30] Sie verstarb am 11. März 1944 im argentinischen Exil.[31]
[1] Geheime Staatspolizei Berlin an Finanzamt Moabit-West, 15.7.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 1.
[2] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 8.8.1941, ebd. Bl. 2.
[3] Spedition Haberling an Finanzamt Moabit-West, 25.8.1941, ebd. Bl. 4.
[4] Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner, 17.10.1941, ebd. Bl.12-14.
[5] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 16.12.1941, ebd. Bl. 43.
[6] Abrechnung Auktionsbeitrag Heilbronner, Hans W. Lange, 22.12.1941, ebd., Bl. 46.
[7] Abrechnung Hans W. Lange über Auktionsbeitrag Heilbronner, 16.5.1942, ebd. Bl. 61; Ernst Melzer an die Wiedergutmachungsämter Berlin, 14.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 11-14.
[8] Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Silber, Tapisserien. Aukt.-Kat. Hans W. Lange, Berlin, 12.-13.5.1942, Einlieferungsverzeichnis.
[9] Aktennotiz Amtsgericht Berlin, 26.2.1903, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 2.
[10] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.; Max und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 18.1.1922, ebd. Bl. 4.
[11] Industrie- und Handelskammer an Amtsgericht Berlin-Mitte, 28.2.1929, ebd. Bl. 3.
[12] Olga und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 11.5.1929, ebd. Bl. 13.
[13] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[14] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 3.9.1956, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. E9.
[15] Zur Familie und Geschichte der Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt vgl. u.a. Isabelle le Masne de Chermont, The Arthur Goldschmidt File in the Archive oft he Direction de la Sûreté: French Police Archives Shed Light on Paul Graupe & Cie (Paris, 1937–1939), in: Echoes of Exile. Moscow Archives and the Arts in Paris 1933–1945. Berlin/München/Boston 2015, S. 75-84.
[16] Hertha Schoene, zitiert von Rechtsanwalt Moral an Entschädigungsamt Berlin, 3.1.1955, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M17.
[17] Eduard Plietzsch an Rechtsanwalt Moral, 16.12.1955, ebd. Bl. E3.
[18] Anlage zum Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Alfons Heilbronner, 20.7.1938, BADV-Archiv, 908 IH 285; Alfons Heilbronner, an Entschädigungsamt Berlin, 4.2.1954, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M5.
[19] Der Abteilungsdirektor Theodor Stern, in: Lynn Rother: Kunst durch Kredit. Die Berliner Museen und ihre Erwerbungen von der Dresdner Bank 1935. Berlin/Boston 2016, S. 242-246.
[20] Max Heilbronner Antiquitäten, Datenbank jüdische Gewerbebetriebe in Berlin, 1930–1945, http://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find.
[21] Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin, 5.1.1938, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 22.
[22] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[23] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Rechtsanwalt Moral an Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, 9.7.1955, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 12; Polizeiliche Abmeldung Alfons Heilbronner, 31.3.1937, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M11.
[24] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Olga Heilbronner, 25.7.1938, BADV-Archiv, 908 ICH 307 (908/1067); Anmeldung von Ansprüchen gemäß Gesetz der Opfer des Nationalsozialismus, Schaden an Vermögen, 5.12.1951, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 64.639, Heilbronner, Olga, Bl. D1.
[25] Bericht des Prokuristen der Spedition Haberling, 15.11.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 29.
[26] Gutachten Ludwig Schmidt-Bangel, 25.10.1941, ebd., Bl. 16.
[27] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Oberfinanzpräsident Berlin an die Finanzkasse Moabit-West, 9.12.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 42; Abschrift einer Zeitungsannonce, Anlage zur eidesstattlichen Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 28.
[28] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 16-27.
[29] Delbrück Schickler & Co. an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, 26.5.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14149, Bl. 1.
[30] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Geheime Staatspolizei Berlin an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, 2.2.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 51.
[31] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.
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Am 15. Juli 1941 ordnete die Geheime Staatspolizei anlässlich der beabsichtigten Ausbürgerung der Emigrantin Olga Heilbronner an, ihr Umzugsgut, das bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin eingelagert war, zugunsten eines Gestapo-Kontos bei der Deutschen Bank zu versteigern.[1] Um die Auktion bewarb sich Hans W. Lange im August 1941 beim Finanzamt Moabit-West: „Es handelt sich um die Ehefrau eines früheren Kunsthändlers, die eine Sammlung von hochrangigem Kunstgut besessen hat, das, wie wir annehmen, auch jetzt noch in Deutschland vorhanden sein muss und zu dem von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Kunstgut gehören muss.“[2] Am 25. August 1941 wurde Hans W. Lange mit der Versteigerung beauftragt.[3] Wenige Tage später erstellte die Spedition Haberling ein „Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner“, das neben Möbeln und Hausrat „2 alte Bilder“ und „ 1 Bilderkiste“ sowie diverse weitere Kisten ohne genaue Inhaltsangabe listete.[4] Die erste Auktion richtete Hans W. Lange am 20. Dezember 1941 aus.[5] Da die Auktion kurzfristig um vier Tage verschoben wurde, trägt der bereits fertiggestellte Auktionskatalog mit dem 16. Dezember 1941 ein falsches Datum. Der Erlös betrug für den Beitrag Heilbronner, im Katalog unter der Chiffre „F. M-W., Berlin“ (Finanzamt Moabit-West) verzeichnet, 8.720 RM.[6] Eine zweite Auktion, die 25.290 RM einbrachte, richtete das Auktionshaus am 12. und 13. Mai 1942 aus.[7] Die Einlieferer-Chiffre lautete hier „F. A. M.-W., Berlin“.[8]
Olga Jeanette Heilbronner, geb. Fränkel (geb. 25.11.1862 in München), war die Witwe des am 10. März 1926 verstorbenen Kunsthändlers Max Heilbronner. Jener hatte 1903 in der Viktoriastr. 33 in Berlin-Schöneberg die Firma „Max Heilbronner Antiquitäten“ gegründet, die am 26. Februar des Jahres im Handelsregister angemeldet wurde.[9] Sein Sohn Alfons Heilbronner (geb. 30. Mai 1889 in München, gest. 3. Dezember 1973 in Zürich) trat am 1. Januar 1922 als persönlich haftender Gesellschafter in den väterlichen Betrieb ein.[10] Nach dem Tod von Max Heilbronner trat Olga seine Alleinerbschaft an.[11] Seinen durch Tod bedingten Firmenaustritt meldete die Familie aber erst im Mai 1929 dem zuständigen Amtsgericht Berlin-Mitte.[12] Am 29. Juni 1929 wurde Olga Heilbronners Eintritt in die Gesellschaft offiziell im Handelsregister verzeichnet. Diese Gesellschaft wurde am 3. Juli 1931 wieder aufgelöst und Alfons Heilbronner zum Alleininhaber der Kunsthandlung erklärt.[13]
In den Jahren vor 1933 gehörte die Firma Max Heilbronner zu den renommierten Kunsthandlungen Berlins. „Ich schätze, daß die Einnahme der Firma bis 1931 einschließlich mit etwa 100.000,-- RM jährlich zu bewerten ist“, rekonstruierte Alfons Heilbronner 1956: „Nach 1931 […] ist das Einkommen allmählich abgesunken. Die Gründe, die auf meiner Abstammung beruhen, möchte ich hier nicht weiter erörtern. Jedenfalls machte sich bereits ab 1931 ein schädigender Einfluß auf jüdische Unternehmen geltend.“[14] Hertha Schöne, ehemalige Mitarbeiterin der unter dem gleichen Dach ansässigen Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt & Co., deren Berliner Zweigstelle Arthur Goldschmidt (geb. 3.10.1891 in Frankfurt am Main) leitete,[15] bescheinigte Heilbronner nach dem Krieg: „Diese Firma, die im besten Antiquitätenhandel zu den international bekanntesten Firmen gehörte, hatte einen ausgezeichneten Ruf. Zu ihren ständigen Kunden gehörten die namhaften Kunstsammler aus den Kreisen der Regierung, der Hochfinanz und der Kunstwelt des In- und Auslandes.“[16] Auch der Kunsthändler Eduard Plietzsch schloss sich dieser Einschätzung an und bezeugte: „Herr Heilbronner war einer der angesehensten, vertrauenswürdigsten und auch aktivsten Vertreter des deutschen Kunsthandels vor 1933. So weit ich beurteilen kann, war seine Firma in der Lage, im In- und Auslande große und erfolgreiche Geschäfte durchführen zu können.“[17]
Seit dem Frühjahr 1935 befand sich die Kunsthandlung infolge des durch die Reichskammer der bildenden Künste ausgesprochenen Berufsverbots für jüdische Kunsthändler in „stiller Liquidation“.[18] Als Treuhänder bei der Auflösung der Firma Max Heilbronner agierte der einstige Abteilungsdirektor Theodor Stern (geb. 14.5.1877), der am 1. Januar 1935 als jüdischer Mitarbeiter der Dresdner Bank in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war.[19] Die Liquidierung der Kunsthandlung zog sich über fast drei Jahre.[20] Am 5. Januar 1938 schrieb Alfons Heilbronner an das Amtsgericht Berlin, dass seine Firma zum 31. Dezember 1937 erloschen sei, da er das Handelsgewerbe aufgegeben habe.[21] Die Löschung aus dem Handelsregister erfolgte am 12. Februar 1938.[22]
Am 30. Mai 1937 emigrierte Alfons Heilbronner nach Amsterdam und etwas später nach Paris, wo sich bereits seine Mutter aufhielt. Olga Heilbronner war 1936 über Nizza und Monte Carlo in die französische Hauptstadt ausgewandert. 1941 zogen Mutter und Sohn weiter nach Buenos Aires.[23] Ihr Umzugsgut – einschließlich einer größeren Menge Bilder, Teppiche und Brücken – lagerten beide bei der Spedition Haberling & Co. in Berlin ein,[24] weil die Freigabe durch die Devisenstelle zum Zeitpunkt der Auswanderung noch nicht erteilt war. Das Umzugsgut war für eine Bahn-Verladung nach Paris verpackt und sollte mit Eintreffen der Ausfuhrpapiere auf Reisen gehen, wurde jedoch beschlagnahmt und in den beiden Auktionen bei Hans W. Lange versteigert.[25] Eine weitere Versteigerung von Gegenständen aus dem beschlagnahmten Eigentum der Familie Heilbronner wurde auf Anordnung des Oberfinanzpräsidenten am 28. Oktober 1941 im Erdmannshof am Kottbusser Ufer 28/40 durchgeführt.[26] Der Anteil Heilbronner mit Mobiliar, Brücken, Ölbildern, Kunstgegenständen, Büchern, Wäsche, Glas und Hausrat brachte dort zwischen 60.000 und 80.000 RM ein.[27] Bei den entzogenen Kunstwerken, so gab Alfons Heilbronner 1959 an, hatte es sich nicht um gekaufte sondern um von Vater und Großvater geerbte gehandelt, deren niedrige Taxwerte er in den Entschädigungsverfahren anfocht.[28]
1942 erkundigt sich das Bankhaus Delbrück Schickler & Co. beim Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg, ob „Olga Sara Heilbronner“ zum 27. November 1941 noch deutsche Staatsbürgerin sei.[29] Daraufhin ordnete die Gestapo die Beschlagnahme ihres Kontos bei Delbrück & Schickler mit einem Restguthaben von 18 RM an.[30] Sie verstarb am 11. März 1944 im argentinischen Exil.[31]
[1] Geheime Staatspolizei Berlin an Finanzamt Moabit-West, 15.7.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 1.
[2] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 8.8.1941, ebd. Bl. 2.
[3] Spedition Haberling an Finanzamt Moabit-West, 25.8.1941, ebd. Bl. 4.
[4] Mobiliarverzeichnis der Jüdin Olga Heilbronner, 17.10.1941, ebd. Bl.12-14.
[5] Hans W. Lange an Finanzamt Moabit-West, 16.12.1941, ebd. Bl. 43.
[6] Abrechnung Auktionsbeitrag Heilbronner, Hans W. Lange, 22.12.1941, ebd., Bl. 46.
[7] Abrechnung Hans W. Lange über Auktionsbeitrag Heilbronner, 16.5.1942, ebd. Bl. 61; Ernst Melzer an die Wiedergutmachungsämter Berlin, 14.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 11-14.
[8] Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Gemälde alter und neuerer Meister. Möbel, Silber, Tapisserien. Aukt.-Kat. Hans W. Lange, Berlin, 12.-13.5.1942, Einlieferungsverzeichnis.
[9] Aktennotiz Amtsgericht Berlin, 26.2.1903, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 2.
[10] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.; Max und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 18.1.1922, ebd. Bl. 4.
[11] Industrie- und Handelskammer an Amtsgericht Berlin-Mitte, 28.2.1929, ebd. Bl. 3.
[12] Olga und Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin-Mitte, 11.5.1929, ebd. Bl. 13.
[13] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[14] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 3.9.1956, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. E9.
[15] Zur Familie und Geschichte der Kunsthandlung J. & S. Goldschmidt vgl. u.a. Isabelle le Masne de Chermont, The Arthur Goldschmidt File in the Archive oft he Direction de la Sûreté: French Police Archives Shed Light on Paul Graupe & Cie (Paris, 1937–1939), in: Echoes of Exile. Moscow Archives and the Arts in Paris 1933–1945. Berlin/München/Boston 2015, S. 75-84.
[16] Hertha Schoene, zitiert von Rechtsanwalt Moral an Entschädigungsamt Berlin, 3.1.1955, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M17.
[17] Eduard Plietzsch an Rechtsanwalt Moral, 16.12.1955, ebd. Bl. E3.
[18] Anlage zum Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Alfons Heilbronner, 20.7.1938, BADV-Archiv, 908 IH 285; Alfons Heilbronner, an Entschädigungsamt Berlin, 4.2.1954, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M5.
[19] Der Abteilungsdirektor Theodor Stern, in: Lynn Rother: Kunst durch Kredit. Die Berliner Museen und ihre Erwerbungen von der Dresdner Bank 1935. Berlin/Boston 2016, S. 242-246.
[20] Max Heilbronner Antiquitäten, Datenbank jüdische Gewerbebetriebe in Berlin, 1930–1945, http://www2.hu-berlin.de/djgb/www/find.
[21] Alfons Heilbronner an Amtsgericht Berlin, 5.1.1938, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 22.
[22] Handblatt Handelsregister, Firma Max Heilbronner, ebd., o. Bl.-Nr.
[23] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Rechtsanwalt Moral an Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, 9.7.1955, Landesarchiv Berlin, A Rep. 342-02, Nr. 34848, Bl. 12; Polizeiliche Abmeldung Alfons Heilbronner, 31.3.1937, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 265.343, Heilbronner, Alfons, Bl. M11.
[24] Theodor Stern an das Finanzamt Moabit-West, 14.2.1939, BADV-Archiv, 908 IH 285; Verzeichnis über das Vermögen von Juden, Olga Heilbronner, 25.7.1938, BADV-Archiv, 908 ICH 307 (908/1067); Anmeldung von Ansprüchen gemäß Gesetz der Opfer des Nationalsozialismus, Schaden an Vermögen, 5.12.1951, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsamt, Reg. 64.639, Heilbronner, Olga, Bl. D1.
[25] Bericht des Prokuristen der Spedition Haberling, 15.11.1941, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 29.
[26] Gutachten Ludwig Schmidt-Bangel, 25.10.1941, ebd., Bl. 16.
[27] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Oberfinanzpräsident Berlin an die Finanzkasse Moabit-West, 9.12.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 42; Abschrift einer Zeitungsannonce, Anlage zur eidesstattlichen Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 28.
[28] Eidesstattliche Erklärung Alfons Heilbronner, 7.10.1959, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3459-60/55, Bl. 16-27.
[29] Delbrück Schickler & Co. an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, 26.5.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14149, Bl. 1.
[30] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.; Geheime Staatspolizei Berlin an den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, 2.2.1942, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 36 A (II), Nr. 14148, Bl. 51.
[31] Rechtsanwalt Moral an das Zentralmeldeamt, 11.2.1956, Landesarchiv Berlin, B Rep. 025-01, Nr. 3458/55, Bl. 3f.
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